Ein Tanker ist beladen mit Schwerverbrechern und soll die besondere Fracht unter stärkster Polizeiaufsicht von den Philippinen zurück ins geliebte Korea überführen. Dass die Ganoven sich befreien und ein Blutbad anrichten, hat jeder geneigte Zuschauer kommen sehen, aber die besondere Biowaffe, die heimlich an Bord geschmuggelt wurde, um sie auf Mannschaft und Gefangene loszulassen, ist neu.
Korea hat sich in den letzten Jahren zu einer ziemlichen Macht im Bereich Film gemausert und scheint sogar die ehemals so umtriebigen Japaner und Chinesen rechts überholt zu haben. Hierbei darf man natürlich auf den brillanten Park Chan-Wook, die allseits bekannten und beliebten Netflix Serien oder Beiträge wie „I Saw the Devil“ verweisen. Mit „Project Wolf Hunting“ widmet sich das emsige Völkchen dem Actionfilm, den sie aber gekonnt um einige wirklich interessante Facetten bereichern.
Die Handlung selbst ist – wie nicht anders zu erwarten – absolut nebensächlich und gleicht mehr einer Ausgangssituation als einem klassischen dramaturgischen Grundgerüst. Man lernt die Guten und die Bösen kennen, die dann teilweise gar nicht ganz so gut oder böse sind, wie ihre Gruppenzugehörigkeit vermuten lässt und dann geht relativ schnell das Gesplatter los. Hierbei muss jedoch erwähnt werden, dass man eine Handvoll Charaktere ins Rennen geschickt hat, die aus der Masse herausstechen und zumindest Wiedererkennungswert bieten – allen voran der stark tätowierte Bösewicht, der ein wenig an Kakihara aus „Ichi – the Killer“ erinnert. Ansonsten bleibt das Personal aber uninteressant bis latent unsympathisch.
Im zentralen Fokus steht jedoch das, was die Genrefans wirklich wollen: der Splatter. Man kann sich hier kurz fassen und sagen, dass der Gewaltgrad von „Project Wolf Hunting“ absolut ungeahnte Höhen erreicht und diesen fiesen Koreaner wohl ohne Umwege in die Top 5 der blutigsten Actionfilme hochkatapultieren würde, wenn es eine objektiv geführte Liste dieser Art gäbe. Dass dieser Film ungeschnitten (zugegebenermaßen aber ohne FSK Freigabe) in deutschen Supermärkten stehen darf, ist wohl der stärkste Beweis dafür, dass die Zensurgeschichte der 80er und 90er definitiv vorbei ist. Von klassischer, überdreht blutiger Darstellung blutiger Einschüsse bis hin zu langsamen, sadistischen Messerangriffen, Entweidungen und abgerissenen Körperteilen bietet der Film wirklich alles Erdenkliche in Hülle und Fülle.
Die videospielartigen Gewaltspiralen machen unbeschreiblich viel Spaß und sind maximal überzeugend inszeniert worden – es stimmt einfach alles. Allerdings stellt dieses Faktum auch den letztendlichen Prüfstein von „Project Wolf Hunting“ dar. Abgesehen von der gar nicht mal so uncoolen Hintergrundgeschichte um die Biowaffe bieten die Koreaner eine Schlachtplatte deluxe, aber eben auch wenig anderes. Da man die Charaktere nicht kennen und lieben lernt, sind sie einem egal, die Ästhetik ist aalglatt gewienert und scheint sich zumindest ein wenig an den publikumswirksamen Kassenschlagern ala „Squid Game“ orientiert zu haben – auch da kann man sich nicht wirklich an etwas festhalten oder daran Anstoß finden. Die Macher haben die Tugenden ihres Films sicherlich gekannt und alles auf die eine Karte gesetzt, was diesen Reviewer allerdings sehr zufriedenstellt – andere vielleicht weniger.
Fazit: „Project Wolf Hunting“ ist ein unfassbar blutrünstiger Beitrag, den man als eine Art Symbiose zwischen „Story of Ricky“, „Braindead“ und den großen HK Klassikern von John Woo beschreiben kann. Das Dargebotene verfehlt seine Wirkung wirklich überhaupt nicht und man kommt aus dem Staunen kaum heraus, wenn nach wenigen Minuten Einführung die Kugeln und Körperteile fast durchgehend herumfliegen. Wer auf Charakterentwicklung und Handlungsaufbau verzichten kann, wird hier einen nahezu perfekten Actionfilm und ein Referenzwerk im Bereich „wie viel Blut und Gedärm kann man in einen Nicht-Horrorfilm packen?“ vorfinden.
8,5 / 10