Ein Mann und eine Frau, die im sozialen Bereich tätig sind, empfinden eine eigensinnige Hassliebe ihren Schützlingen gegenüber, die sie dazu bringt, Gewalttaten bis hin zu Mord zu begehen. Hierbei durchleben sie verschiedene Situationen.
Juval Marlon inszenierte mit „Einöde der Peiniger“ im Jahre 2022 seinen zweiten größeren Film, der auch mehr Zuspruch und bessere Vermarktung als sein Vorgänger „Sturmgewehr“ fand. Der Schweizer, der laut Eigenaussage stark von den Werken Marian Doras geprägt wurde, setzt erneut auf Schock und drastische Gewaltdarstellung, in deren Mittelpunkt wieder Menschen mit Behinderung stehen. Das Ergebnis dürfte sicherlich die Gemüter erhitzen.
„Einöder der Peiniger“ ist prinzipiell in zwei Abschnitte aufgeteilt, die jeweils einem der Peiniger gewidmet sind. Die junge Karla ist als erste dran und wird bei ihren Besuchen und anderweitigen Kapriolen gefilmt, die allesamt gewalttätig und / oder sexuell enden. Der zweite Teil gehört Morris, der sich nur um einen einzigen behinderten Mann kümmern muss.
Karlas Geschichte wirkt eher wie ein ungeordnetes Sammelsurium an Fragmenten, die jeweils eine Momentaufnahme behandeln. Hierbei baut sich kein wirklicher roter Faden auf, aber dafür bleibt das Ganze frisch und interessant. Die zweite Hälfte ist ganz klar die schwächere, verfügt aber im Gegensatz zur ersten über ein wenig mehr Konsistenz. Im Zusammenspiel ergibt sich also ein relativ schlüssiger Handlungsaufbau, bei dem man keine Glanzleistungen erwartet, aber auch von Langeweile verschont bleibt.
Obwohl Marlon noch nicht für die Entrüstung sorgen konnte, die Herr Dora bisweilen heraufbeschworen hat, hat man es hier doch mit einer durchaus bösartigen Prämisse zu tun. Die Gewalt ist quasi omnipräsent und vermählt sich durchgehend mit Sexualität, was schon manch einen überfordert hat. In „Einöde der Peiniger“ geht es mitunter überaus splattrig zu, gerade was die Handlungen der jungen Frau angeht. Die Effekte sind eher trashig und aufgrund der Überbeleuchtung relativ leicht zu durchschauen, was dann eher an die alten Schnaas-Klopper als an „Melancholie der Engel“ erinnert, aber auch einen gewissen Charme versprüht.
Die Grundidee um den Hass auf Schutzbefohlene und behinderte Menschen ist wie gesagt schon niederträchtig, kann aber durch einige Schwächen nicht wirklich zünden. Neben den Effekten tut natürlich das stellenweise sehr schlechte Schauspiel sein übriges, was gerade bei den Szenen mit den Behinderten teils wie kindlich geschmacklose Provokation, teils unfreiwilig komisch wirkt. Auch die künstlerisch anmutenden Szenen, bei denen Karla nackt durch den Wald hüpft und über Sinn und Unsinn des Lebens philosophiert, sind schlichtweg deplatziert und verleiten eher zum Kopfschütteln als zum Mitdenken – das muss man leider ganz klar sagen. Der Rest kann über die kurze Spielzeit durchaus unterhalten und den Zuschauer aufgrund Marlons Kompromisslosigkeit in (un)freudiger Erwartung über das Kommende halten. Lustmolche dürfen sich ebenso darauf freuen, dass Karla durchgehend nackt durchs Bild rennt und beispielsweise in Nahaufnahme auf Knochen uriniert oder sich diese ans Geschlecht führt.
Fazit: „Einöde der Peiniger“ ist eine unkonventionelle Mischung aus menschenfeindlich ausgerichtetem Arthouse-Sicko mit perversen Zügen und Amateursplatter ala „Violent Shit“. Die Morde und die allgemeine Idee wissen zu gefallen, andere Aspekte wirken in Teilen aufgesetzt bis befremdlich. Für einen blutigen Wald und Wiesen Spaß ist der Beitrag viel zu amoralisch und bösartig, aber aufgrund der vielen Holprigkeiten ist auch kein neuer „Melancholie der Engel“ erschaffen worden. Zwischen diesen Stühlen kann der Film aber trotzdem Interesse wecken und wird mit Sicherheit seine Fans finden.
6/10